Advanced LIGO

aLIGO besteht aus den zwei derzeit empfindlichsten Gravitationswellen-Detektoren in der Welt, deren hochpräzise Messungen moderne Spitzentechnologie erfordern.

Ein Artikel von Peter Aufmuth

Gravitationswellen mit Licht beobachten

Das Gravitationswellenobservatorium LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Detector) besteht aus zwei jeweils vier Kilometer langen interferometrischen Gravitationswellendetektoren in den USA. Ein Detektor befindet sich in Hanford, Washington, der andere rund 3000 km entfernt in Livingston, Louisiana. Als Advanced LIGO („fortgeschrittenes LIGO“) bezeichnen die Wissenschaftler die aktuell in LIGO verbaute Technik, die zu den ursprünglichen Konzepten aus den 1990er Jahren erheblich verbessert wurde.

Der Advanced-LIGO-Detektor in Livingston-Louisiana hat wie der in Hanford 4 Kilometer lange Lasermessstrecken.

[Bild: Caltech/MIT/LIGO Lab]


Auch wenn sie deutlich ausgeklügelter und komplizierter sind, sind LIGOs Interferometer im Prinzip Michelson-Interferometer, wie sie in den 1880er Jahren erfunden wurden. Beide haben eine L-förmige Gestalt und Spiegel an den Enden ihrer Laserlaufstrecken (Arme), um die Lichtstrahlen zu reflektieren und ein Interferenzmuster zu erzeugen. Beide messen die Muster und Intensitäten der Lichtstrahlen, nachdem sie überlagert und zur Interferenz gebracht wurden. Auf diese Weise können sie winzige relative Längenänderungen beider Arme von besser als ein Teil in 1022 nachweisen, die von Gravitationswellen erzeugt werden.

Lasertechnologie

Von zentraler Bedeutung für die Präzisionsmessungen ist ein hochgenauer Laser. Die LIGO-Lasersysteme wurden vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Hannover in Zusammenarbeit mit dem Laser Zentrum Hannover entwickelt, in die USA verschifft und in beide LIGO-Detektoren eingebaut.

Aufbau des vorstabilisierten Lasers in einem Reinraum der Advanced-LIGO-Detektoren

[Bild: AEI/LZH]


Der vorstabilisierte Laser (PSL) liefert Licht konstanter Frequenz und Intensität wie für die Präzisionsmessungen von Advanced LIGO (aLIGO) erforderlich. Im Kern besteht der PSL aus einem dreistufigen Lasersystem: die erste Stufe besteht aus einem nichtplanaren Ringoszillator (NPRO), der aus einem Nd:YAG-Kristall als Lasermedium und Resonator besteht. Der NPRO wird von Laserdioden bei einer Wellenlänge von 808 nm gepumpt und erzeugt Laserlicht mit einer Wellenlänge von 1064 nm und 2 W Ausgangsleistung. Der PSL erfüllt LIGOs Spezifikationen für die Frequenzstabilität des Laserlichts durch den monolithischen Resonator des NPRO. Die zweite Stufe liefert eine Ausgangsleistung von 35 W. Hier läuft der der vom NPRO erzeugte Laserstrahl durch vier Nd:YVO4-Kristalle, die ebenfalls mit Laserdioden (808 nm Wellenlänge) gepumpt werden. Die dritte Stufe, der Hochleistungsoszillator, enthält einen ringförmigen Laseroszillator, der Licht einer Leistung von etwa 220W liefert. Vier Nd:YAG-Kristalle werden bei 808 nm gepumpt, wobei das Pumplicht durch Glasfasern geleitet wird. Eine Feedback-Schleife verbindet die Stufen drei und zwei. Licht, das in den letzten beiden Stufen erzeugt wird, behält die außerordentliche Stabilität durch den NPRO in Stufe eins.

[Bild: AEI/LZH]

[Bild: AEI/LZH]

Komponenten der Hauptoptik

Die Hauptoptik für jedes Interferometer von aLIGO umfasst die Eingangs- und Endtestmassen (Spiegel), Kompensationsplatten für die Testmassen, den Strahlteiler, die Spiegel für Leistungsverstärkung und Signalüberhöhung. Man spricht von „Testmassen“, weil sie die Längenänderung „testen“, d.h. nachweisen. Die Testmassen wiegen 40 kg; der Strahlteiler und die  Spiegel für Leistungsverstärkung und Signalüberhöhung haben die gleichen Durchmesser wie die Testmassen, sind aber viel dünner.

aLIGO Gravitationswellen-Detektoren / © Daniela Leitner – Einstein Online

Die Komponenten der Hauptoptik bestehen aus hochreinem Quarzglas mit geringem OH (Hydroxid) Anteil, um die Infrarot(IR)absorption zu minimieren. Da der Laser von aLIGO im IR  läuft, darf die Optik nur wenig IR absorbieren. Sonst würden die Spiegel sich aufheizen und signifikant verformen, so dass die Messung von Gravitationswellen deutlich beeinträchtigt wäre. Die Hauptoptik von aLIGO absorbiert nur eins von 3,3 Millionen Photonen; der Rest wird reflektiert (oder absorbiert). Aber dennoch heizen sich die Komponenten auf so dass ein Hilfssystem mit einem CO2-Laser die Spiegel präzise aufheizt, um so die vom Hauptlaser verursachten Längenänderungen zu kompensieren.

Die Spiegel sind mit Dutzenden von dünnen optischen Schichten versehen, um sie hochreflektiv für das Laserlicht zu machen. Sie streuen weniger als 10 ppm des einfallenden Lichts; das erfordert eine Rauigkeit von im Mittel weniger als 0,16 nm. Dieses Niveau ist nötig, um dem aLIGO-Laser eine saubere, stabile und perfekt geformte Oberfläche zu verschaffen, die es ermöglicht, einen sauberen Weg durch das Interferometer zu nehmen. Dabei werden rund 280 Reflexionen beim Durchgang durch das Interferometer gemacht. Ohne diese Maßnamen wäre der Nachweis einer Gravitationswelle nicht möglich.

[Bild: Matt Heintze/Caltech/MIT/LIGO Lab]

[Bild: Matt Heintze/Caltech/MIT/LIGO Lab]


Die aLIGO Eingangsoptik bereitet das Licht vom PSL mittels Phasenmodulation auf und reduziert so Schwankungen in der Frequenz, Intensität und Strahlform.

Ein weiteres System umfasst die Längenkontrolle der Interferometerarme und die Kontrolle der Ausrichtung der Spiegel in Advanced LIGO. Die wesentlichen Unterschiede dieses Systems zum ursprünglichen LIGO sind ein zusätzlicher Spiegel zur Signalüberhöhung und die dazu erforderlichen Kontrollen, ein zusätzlicher Modenfilter am Detektorausgang, den Einbau eines Homodyndetektors zum Auslesen der Gravitationswellensignale, und die Verwendung stabiler optischer Resonatoren für die Leistungsverstärkung und die Signalüberhöhung.

Die Aufhängung der Testmassen an Glasfasern ist entscheidend für die hohe Messpräzision von aLIGO. Die Aufhängung soll die Bewegung der Testmassen durch Seismik extrem reduzieren und gleichzeitig auftretendes thermisches Rauschen minimieren. Dies wird dadurch erreicht, dass die Testmassen als monolithische Endstufe aufgehängt werden. Die Aufhängung und die Testmassen sind beide aus Quarzglas gefertigt, einem Material mit geringen mechanischen Verlusten. Um die erforderliche seismische Isolierung zu erreichen, besteht die Aufhängung aus einem Vierfachpendel mit guter horizontaler Isolierung; es enthält drei Klingen aus Maraging-Stahl für die vertikale Isolierung.

Die aLIGO-Aufhängung ist eine Erweiterung des Designs der Dreifach-Pendelaufhängungen von GEO600. Das Institute for Gravitational Research der Universität Glasgow hat die Aufhängungen entwickelt. Die Glasfasern haben weniger interne Verluste als beispielsweise Fäden aus Stahl gleicher Dicke. Sie werden direkt an den Spiegeln und einer zweiten Pendelmasse befestigt (durch „bonding“), d.h. es gibt keine Spannungen an den Kontaktpunkten. Dies erhöht die Gesamtempfindlichkeit von aLIGO, indem die mechanischen Verluste reduziert werden.

Weitere Informationen

Die relativistischen Grundkonzepte, die diesem Vertiefungsthema zugrundeliegen, werden in Einstein für Einsteiger erklärt, insbesondere im Kapitel Gravitationswellen.

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Externe Links

Informationen über das Advanced-LIGO-Projekt

Homepage des Advanced-LIGO-Detektors in Livingston

Homepage des Advanced-LIGO-Detektors in Hanford

Informationen über die in Hannover entwickelten und gebauten Laser für Advanced LIGO

Kolophon
Peter Aufmuth

ist Physiker am Albert-Einstein-Institut in Hannover und befasst sich mit dem Gravitationswellendetektor GEO600.

Zitierung

Zu zitieren als:
Peter Aufmuth, “Advanced LIGO” in: Einstein Online Band 10 (2016), 10-1107