Spezielle Relativitätstheorie / Einsteiger-Tour Teil 3: Die Relativität von Raum und Zeit
Überraschend an der Speziellen Relativitätstheorie ist, dass sich eine Reihe von möglichen Aussagen und Messergebnissen, die wir unserer Alltagserfahrung nach für absolut halten, als beobachterabhängig herausstellt. Das Paradebeispiel sind Aussagen zu Raum und Zeit, Längen und zeitlicher Dauer.
So zeigt sich in Einsteins Theorie beispielsweise, dass Gleichzeitigkeit ein relatives Konzept ist – für zwei gegebene Ereignisse, von denen ein Beobachter auf der Raumstation A behauptet, sie fänden gleichzeitig statt, wird ein Beobachter auf der an A vorbeifliegenden Raumstation B in der Regel zum Schluss kommen, sie fänden keineswegs gleichzeitig statt. (Näheres zu diesem ungewohnten Umstand und zu der Notwendigkeit, Gleichzeitigkeit überhaupt erst einmal zu definieren, findet sich im Vertiefungsthema Die Unselbstverständlichkeit des Jetzt.)
Ebenso wenig ist die zeitliche Dauer eines Vorgangs vom Beobachter unabhängig. Der betreffende relativistische Effekt heißt Zeitdilatation, salopp zusammengefasst: „Bewegte Uhren laufen langsamer.“ Etwas genauer: Aus Sicht eines Beobachters auf Raumstation A, der die zeitliche Dauer von Vorgängen anhand seiner Borduhr bestimmt, geht die baugleiche Borduhr der Raumstation B, die an ihm vorbeifliegt, langsamer als seine eigene. Eine irdische Version dieses Effekts lässt sich anhand von Elementarteilchen überprüfen, beispielsweise denen, die im Protonen-Synchrotron des Forschungszentrums CERN umlaufen, einem Teilchenbeschleuniger, der in der folgenden Abbildung zu sehen ist:
Viele Elementarteilchen sind instabil, sie haben nur eine endliche Lebensdauer: nach einer bestimmten Zeit zerfallen sie in andere Elementarteilchen. Vergleicht man instabile Elementarteilchen, die sich in Ruhe befinden, mit Teilchen derselben Sorte, die auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt sind, so leben letztere deutlich länger. Die betreffenden Messergebnisse stimmen vorzüglich mit der relativistischen Vorhersage überein, dass die „inneren Uhren“ der bewegten Elementarteilchen, die den Zerfallszeitpunkt bestimmen, aus Sicht eines äußeren Beobachters erheblich langsamer gehen.
Gegenstück zur Zeitdilatation ist die sogenannte Längenkontraktion: Vom Standpunkt eines Beobachters auf der Raumstation A aus, der Längen mit Hilfe eines an Bord befindlichen Längenmaßstabs bestimmt, erweist sich der baugleiche Längenmaßstab an Bord der vorbeifliegenden Raumstation B als kürzer als sein eigener Maßstab.