Spezielle Relativitätstheorie / Einsteiger-Tour Teil 6: E=mc²

Betreibt man relativistische Mechanik und untersucht, wie sich Objekte im Raum bewegen und wie ihre Bewegung durch äußere Kräfte beeinflusst wird, so ergibt sich ein weiterer relativistischer Effekt. In der vor-einsteinschen Physik war das Verhältnis der Stärke einer Kraft, die auf einen Körper wirkt, zu der Geschwindigkeitsänderung (der Beschleunigung) die der Körper daraufhin erfährt, konstant. Es heißt in der Physik auch die (träge) Masse des Körpers.

In der Speziellen Relativitätstheorie dagegen ist die träge Masse eines Körpers umso größer, je höher seine Geschwindigkeit ist. Dieser Effekt gehört beispielsweise zum täglich Brot jener Physiker, die Teilchenbeschleuniger verwenden, um Elementarteilchen auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Die folgende Abbildung zeigt einen solchen Beschleuniger, den VUV-Ring des Brookhaven National Laboratory, mit einem Umfang von 51 Metern:

Teilchenbeschleuniger

[© Courtesy of Brookhaven National Laboratory]

Dieser Beschleuniger wird verwendet, um so genannte Synchrotronstrahlung zu erzeugen, besonders intensive und eng gebündelte elektromagnetische Strahlung, die sich für eine Vielfalt von Untersuchungen von Grundlagenphysik über Materialwissenschaft bis Medizin einsetzen lässt. Im Beschleuniger laufen Elektronen mit knapp über 99,9999 Prozent der Lichtgeschwindigkeit um; würde man die relativistische Massenzunahme außen vor lassen, so ließe sich diese Maschine gar nicht erst zum Laufen bringen.

Die relativistische Massenzunahme führt auch zu der bereits erwähnten Unmöglichkeit, einen materiellen Körper auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen: Je schneller der Körper, umso größer seine Masse und damit der Widerstand, den er weiterer Beschleunigung entgegensetzt. Je näher der Körper der Lichtgeschwindigkeit kommt, umso größer die Massenzunahme; um ihn ganz auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, wäre rechnerisch eine unendlich große Kraft vonnöten.

Die Massenzunahme ist Teil eines allgemeineren Phänomens, der relativistischen Äquivalenz von Masse und Energie: Jede Energie, die ich einem Körper zuführe, erhöht auch seine Masse; jede Energie, die ich ihm entziehe, verringert sie. In dem bereits erwähnten Fall führe ich dem Körper, den ich beschleunige, Bewegungsenergie zu, und diese Energiezunahme erhöht seine Masse.

Umgekehrt enthält selbst ein ruhender Körper allein aufgrund seiner Masse Energie. Energie und (träge) Masse erweisen sich als untrennbar verknüpft – jeder Körper der Masse m hat automatisch die Gesamtenergie

E = mc²

(wobei c, wie oben schon, die Lichtgeschwindigkeit angibt), und jeder Körper der Gesamtenergie E hat, in Umkehrung der Formel, die träge Masse m = E/c². Masse und Energie sind, von dem konstanten Umrechnungsfaktor c² abgesehen, ein und dasselbe. Nur ihre Unkenntnis der relativistischen Effekte hat die vor-einsteinschen Physiker dazu verleitet, die beiden Konzepte unabhängig voneinander zu definieren.