Relativität und Quanten / Einsteiger-Tour Teil 2: Zerstrahlende Schwarze Löcher?

Lassen sich die Konzepte der relativistischen Quantenfeldtheorien auch auf gekrümmte Raumzeiten übertragen – auf die Raumzeiten mit Gravitationsquellen, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie beschreibt? Die Antwort darauf ist ein vorsichtiges Ja. Der wohl berühmteste Schritt in diese Richtung gelang Anfang der 1970er Jahre dem Physiker Stephen Hawking.

Hawking betrachtete Quantenteilchen, die nicht in der gravitationsfreien Raumzeit der Speziellen Relativitätstheorie leben, sondern in der Umgebung eines Schwarzen Loches. Er kam dabei zu einem überraschenden Ergebnis: Die Anwesenheit des Schwarzen Lochs sorgt dafür, dass selbst dann, wenn ursprünglich keinerlei Teilchen vorhanden waren, ein Strom von Teilchen vom Schwarzen Loch aus nach außen läuft. Weniger abstrakt formuliert: Ein Schwarzes Loch sendet Quantenstrahlung aus! Diese hypothetische Strahlung ist heutzutage als Hawking-Strahlung bekannt.

Temperatur und Intensität der Hawking-Strahlung sind umso geringer, je größer die Masse eines Schwarzen Lochs ist. In der folgenden Tabelle sind einige Massen angebeben, zusätzlich der zugehörige Schwarzschild-Radius (der die Ausdehnung des Schwarzen Lochs anzeigt) und die Temperatur des Schwarzen Lochs, gemessen in Kelvin. Hinterlegt ist jeder Eintrag mit der charakteristischen Farbe der Wärmestrahlung, die das Schwarze Loch aussendet:

Masse Schwarzschild-Radius Temperatur
Sonnenmasse 3 Kilometer 1 Zehnmillionstel Kelvin
Erdmasse 9 Millimeter 0,02 Kelvin
Mondmasse 1/10 Millimeter 1,7 Kelvin
1/10 Mondmasse 1/100 Millimeter 17 Kelvin
1/100 Mondmasse 1 Millionstel Meter 170 Kelvin
1/1000 Mondmasse 1/10 Millionstel Meter 1700 Kelvin
1/2000 Mondmasse 1/20 Millionstel Meter 3300 Kelvin
1/5000 Mondmasse 1/50 Millionstel Meter 8400 Kelvin

Wie die Farben andeuten: Zwar sind die in der Astrophysik üblichen stellaren und supermassiven Schwarzen Löcher tatsächlich schwarz. Schwarze Löcher ab etwa einer Hundertstel Masse des Erdmonds dagegen würden regelrecht glühen, bei solchen im Bereich von einer Fünftausendstel Erdmondmasse wäre die Weißglut erreicht, und noch masseärmere Löcher würden UV-Strahlung, Röntgenstrahlung oder gar hochenergetische Gammastrahlung aussenden.

Was die Tabelle nicht angibt, sind die Strahlungsintensitäten. Tatsächlich sind die hier gezeigten Löcher noch recht dunkel. Für massearme Schwarze Löcher sollte sich der Energie- und Masseverlust durch Abstrahlung dagegen deutlich bemerkbar machen, ja, es sollte geradezu zu einem Aufschaukeln kommen, bei dem das Schwarze Loch in einem gigantischen Energieblitz völlig zerstrahlt.

Wären während der Frühzeit des Universums „Mini-Löcher“ sehr geringer Masse entstanden, so könnte es Exemplare geben, die bis zur heutigen Zeit genügend Masse verloren haben, dass es zu solch einem Zerstrahlen kommt. Bislang geben astronomische Beobachtungen allerdings keine Hinweise auf solche Prozesse, und die Hawking-Strahlung bleibt theoretisches Konstrukt.

Rechnungen wie die von Hawking beschreiben zwar die Materie mit den Begriffen der Quantentheorie. Die zugrundeliegende gekrümmte Raumzeit dagegen hat ihrerseits keine Quantennatur. Es gibt eine Reihe von Situationen, die auf die Notwendigkeit einer noch weitergehenden Quantentheorie der Gravitation, kurz: Quantengravitation hindeuten, in der auch Raum und Zeit quantentheoretisch behandelt werden.