Relativität und Quanten / Einsteiger-Tour Teil 3: Grenzen der Gravitation

In den bisherigen Kapiteln von Einstein für Einsteiger zeigten sich an zwei Stellen Grenzen der Allgemeinen Relativitätstheorie. In beiden Fällen ging es um Raumzeit-Singularitäten. Erstes Beispiel war das Innere Schwarzer Löcher. Wie im Abschnitt Schwarze Löcher kurz angesprochen, lauert im Inneren ein Raumzeitrand, an dem die Reise eines hineinfallenden Objektes ein abruptes Ende findet, eine Singularität. An dieser Singularität nimmt die Raumzeitkrümmung unendlich hohe Werte an, gerade so, als sei dort die Masse des Schwarzen Lochs zu unendlich hoher Dichte zusammengepresst. Mit umgekehrten Vorzeichen haben wir eine solche Singularität im Zusammenhang mit den Urknallmodellen in der Schilderung der rätselhaften Anfangszeit des Universums kennengelernt: Auch der Anfangszustand der klassischen kosmologischen Modelle, der Urknall, ist eine Singularität, ein Raumzeitrand, an dem alle Materie des Universums wie zu unendlich hoher Dichte zusammengedrückt ist.

Abrupte Raumzeitränder mit unphysikalisch unendlich hohen Dichten sind ein deutliches Zeichen, dass dort die Einsteinsche Allgemeine Relativitätstheorie an ihre Grenzen stößt. Das ist in einer Hinsicht nicht verwunderlich: Bei so hohen Energiekonzentrationen und so mikroskopisch kleinen Krümmungsradien sollten die Gesetze der Mikrowelt wichtig werden, und das sind die Gesetze der Quantentheorie, die in Einsteins Theorie außen vor bleiben. Um das Innerste Schwarzer Löcher und die Frühzeit des Universums zu beschreiben, so scheinen uns die Singularitäten mitzuteilen, reicht Einsteins Theorie nicht aus. Man muss eine Beschreibung bemühen, die sowohl Einsteins geometrisches Bild der Gravitation wie auch die Quantengesetze berücksichtigt, eben eine Theorie der Quantengravitation.

Schon aus einer Betrachtung der grundlegenden Naturkonstanten, die für die Gravitation und in der Quantentheorie eine Rolle spielen, zeigt sich, dass es eine natürliche Längenskala gibt, bei der wir erwarten können, dass Quantengravitationseffekte wichtig werden – die sogenannte Planck-Länge von rund 10–35 Metern. Die nachfolgende Illustration soll einen groben Eindruck davon verschaffen, wie winzig diese Längenskala ist:

Mensch – Atom – Planck-Länge

Angefangen bei alltäglichen Längen von rund einem Meter müsste man um einen Faktor von 10 Milliarden vergrößern, um bei den für Atome typischen Längenskalen zu landen. Von dort führt dann allerdings erst ein Vergrößerungsfaktor von einer Billion Billionen zur Planck-Länge! Ganz rechts in der Abbildung sind zwei der merkwürdigen Objekte angedeutet, die Physiker auf diesen Größenskalen erwarten könnten – unten ein String, oben ein Ausschnitt aus einem Spin-Netzwerk.

So weit, so gut. Doch leider hat es sich als großes Problem erwiesen, eine Theorie der Quantengravitation zu formulieren. Versucht man, die Gravitation genau so in den Quantenrahmen einzubauen, wie es mit dem Elektromagnetismus und den Kernkräften gelungen ist, dann ergibt sich ein Modell, in dem es von unphysikalischen unendlichen Werten nur so wimmelt, und das keinerlei Vorhersagekraft besitzt. Auch heute kennt kein Physiker eine vollständige Theorie der Quantengravitation. Es gibt allerdings eine Reihe von Ansätzen, wie eine solche Theorie aussehen könnte. Die beiden am weitesten entwickelten werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.