Kosmologie / Einsteiger-Tour Teil 3: Die heiße Phase
Wenn sich das Universum immer weiter ausdehnt und die Abstände zwischen den Galaxien immer größer werden, dann ergibt sich umgekehrt, dass die Galaxien in der Vergangenheit viel dichter beieinander liegen mussten. Wie die Expansion im einzelnen stattgefunden hat, ergibt sich in den Modellen der relativistischen Kosmologie aus den Einstein-Gleichungen, welche die Eigenschaften der Materie und der Raumzeit-Geometrie miteinander verknüpfen. Für realistische Materiemodelle ergibt sich nicht nur das Bild eines Universums, in dem die Galaxien näher beieinander lagen, sondern viel extremer: In noch fernerer Vergangenheit war das Gas der Galaxien so dicht zusammengepresst, dass ein heißes Plasma aus Atomkernen und Elektronen den Kosmos erfüllte. Und noch unglaublicher: Diese Modelle sagen einen konkreten Anfangspunkt des Universums voraus, der Urknall genannt wird und einem bizarren Anfangszustand unendlicher Dichte entspricht.
Vorhang auf für eine kurze Geschichte des Kosmos, die Geschichte eines stetig expandierenden und abkühlenden Universums! Zeitangaben betreffen jeweils die seit dem Urknall vergangene Zeit, (vgl. den Lexikoneintrag kosmische Zeit).
0 Sekunden – Urknall ??!?
Auf die frühesten Phasen des Universums wird der nachfolgende Abschnitt noch eingehen. Hier soll es zunächst um die Geschichte unseres Universums nach dem ersten Millionstel einer Sekunde nach dem Urknall gehen, für welche die Urknallmodelle der modernen Kosmologie vergleichsweise gesicherte Vorhersagen treffen.
Ca. 1 Millionstel Sekunde – Entstehung von Kernteilchen
Vor diesem Zeitpunkt war die Temperatur des frühen Universums so hoch, dass selbst die Quarks in einer brodelnden Kernmateriesuppe frei durcheinanderflogen. Erst jetzt schließen sie sich zu den Kernteilchen zusammen, zu Protonen und Neutronen.
Bis ca. 1 Sekunde – Vernichtung der Antimaterie
Auch nach Entstehung der Kernteilchen war die Temperatur des Universums hoch genug für eine Höllensuppe aus Teilchen, ihren Antiteilchen und Strahlung. Antiteilchen sind gewissermassen die Spiegelbilder der Materieteilchen. Wenn sich Antimaterie und Materie begegnen, etwa ein Proton und ein Anti-Proton, dann können sie sich in einem Blitz von elektromagnetischer Strahlung vernichten. Im frühen Universum kam es laufend zu dieser Art von Vernichtung von Teilchen und Antiteilchen, aber ebenso oft zur Entstehung eines Teilchen-Antiteilchen-Paares aus Strahlung. Mit weiterer Ausdehnung und Abkühlung des Universums besitzt die Strahlung allerdings nicht mehr genügend Energie, um massereiche Teilchen-Antiteilchen-Paare zu erzeugen. Letztendlich kommt es zur Vernichtung aller Antimaterie – übrig bleiben energetische Strahlung und ein winziger Materieüberschuss. Aus diesem winzigen Überschuss besteht alle Materie, die wir um uns herum wahrnehmen, von der Erde bis hin zu fernen Galaxien.
1 Sekunde – 3 Minuten – Entstehung leichter Atomkerne
Zu dieser Zeit fügen sich die ersten Protonen und Neutronen zu stabilen leichten Atomkernen zusammen, etwa den Kernen von Deuterium, Helium und Lithium. Die Vorhersagen der Urknallmodelle, zu welchen Anteilen diese Kernsorten im frühen Universen entstanden sein sollten, lassen sich mit den heutigen astronomischen Beobachtungen vergleichen und liefern damit einen Test, den die Urknallmodelle mit fliegenden Fahnen bestehen.
Ab 300 000 Jahren – Entkopplung von Strahlung und Materie
Eine weitere einschneidende Veränderung: Vor diesem Zeitpunkt war das Universum ein Tohuwabohu von Strahlung einerseits und Materie wie Kernteilchen und Elektronen andererseits. Stabile Atome aus Kernen und Elektronenhülle konnten sich nicht bilden, da Atome von der hochenergetischen Strahlung immer wieder zerrissen wurden. Erst jetzt ist die Temperatur und damit die Energie der Strahlung soweit gefallen, dass stabile Atome entstehen. Fortan bleibt die betreffende Strahlung im Hintergrund, tritt kaum noch in Wechselwirkung mit der Materie und kühlt mit der Expansion des Universums immer weiter ab. Das folgende Bild zeigt die Astrophysiker Arno Penzias und Robert Wilson:
Ihnen gelang es Mitte der 1960er Jahre, mit der im Hintergrund sichtbaren Radioantenne die immer noch vorhandene kosmische Hintergrundstrahlung nachzuweisen und damit eine fundamentale Vorhersage der Urknallmodelle zu bestätigen.
Ab ca. 100 Mio. Jahren – Entstehung von Galaxien
Bereits kurz vor der Entkopplung von Strahlung und Materie hatte die Materie begonnen, unter Einfluss der gegenseitigen Schwerkraft zu verklumpen. Dabei entstanden Gebiete leicht höherer Dichte und die Verklumpung setzte sich fort, bis bereits etwa 100 Millionen Jahre nach dem Urknall – der genaue Zeitpunkt ist nicht gewiss – die ersten Protogalaxien entstanden, Vorläufer der heutigen Galaxien.
Ca. 14 Milliarden Jahren – Jetztzeit
Rund 14 Milliarden nach dem Urknall formulierte Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie – und gab den Forschern damit ein Werkzeug an die Hand, das es ermöglicht, die Geschichte unseres Universums bis zur heißen Phase zurück zu verfolgen.